Allgemeine Anforderungen
Der Umstieg auf papierlose, medienbruchfreie Prozesse und digitale Serviceprodukte soll zu Vereinfachungen in der Verwaltung, sinkenden Kosten und steigenden Chancen im Wettbewerb in der gesetzlichen Krankenversicherung führen, denn diese Service-Angebote bieten nicht nur Versicherten, sondern auch den SV-Trägern selbst echte Mehrwerte an. So können viele Prozesse digital und ohne persönlichen Kontakt in der Geschäftsstelle realisiert werden. Diverse Krankenkassen haben Service-Anwendungen wie z. B. Online-Fami-Bestandspflege, elektronische Übermittlung von Rechnungen, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sowie Dokumente zur Erlangung eines Bonus im Digitalausschuss vorgestellt (siehe Themenbereich „Anwendungsfälle digitalisierter Geschäftsprozesse“ ). Immer mehr Krankenkassen informieren über ihre Online-Geschäftsstellen. Der Digitalausschuss hat die meisten Angebote positiv bewertet, weil sie die rechtlichen Rahmenbedingungen erfüllen, zu einer Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens führen und dem Wirtschaftlichkeitsgebot Rechnung tragen.
Soweit Krankenkassen zur Nachweisführung bei der Abrechnung von Leistungen auf Papierbelege verzichten, sind die Krankenkassen dazu verpflichtet, ein Konzept für ein Risikomanagement zu entwickeln. Die Versicherten müssen von ihren Krankenkassen darüber informiert werden, dass die Originalbelege für einen vorgegebenen Zeitpunkt aufzubewahren sind, damit die Krankenkassen diese im Rahmen von Stichprobenprüfungen nachträglich anfordern können. Für die Stichprobengröße und die Frequenz legt das BAS keine festen Vorgaben fest. Die Krankenkassen sind im Rahmen ihrer Selbstverwaltung grundsätzlich dafür verantwortlich, das Konzept zum Risikomanagement eigenverantwortlich aufzustellen. Allerdings prüft das BAS dieses im Einzelfall auf Schlüssigkeit. Es bietet sich an, dass die Krankenkasse bei Einführung von Online-Services zunächst eine größere Stichprobe ziehen und abhängig vom Ergebnis der Stichprobenprüfung die Stichprobengröße für die Zukunft anzupassen. Die Prüfung der Nachweisführung ist als Daueraufgabe in der Krankenkasse zu implementieren.
Vor der Planung eines Service-Projekts soll eine Digitalisierungsstrategie des Trägers erarbeitet werden. In der Digitalisierungsstrategie sind alle technischen Aspekte, Verarbeitungsprozesse und zukünftige Projekte oder Vorhaben zu betrachten.
Viele digitale Service-Prozesse beruhen auf dem Austausch der personenbezogenen Daten von Versicherten, die einem hohen Schutzbedarf unterliegen. Zum Schutz von Daten mit Belegfunktion in Zahlungsverkehr, Buchführung und Rechnungslegung sind außerdem nach Maßgabe der §§ 40-41 SRVwV angemessene Maßnahmen in einer Dienstanweisung zur Sicherheit der automatisierten oder IT-gestützten Verfahren zu beschreiben (§ 17 SVRV) und ggf. weitere Dokumentationen (Anlage 9 der SRVwV) zu erstellen . Daher müssen bei der Planung und Gestaltung der Prozesse sicherheitstechnische und datenschutzrechtliche Maßnahmen beachtet werden, insbesondere:
- Sichere Authentifizierung,
- Nichtveränderbarkeit/Integrität übermittelter Daten,
- sichere Datenwege,
- revisionssichere Speicherung/Archivierung.
Nähere Ausführungen zur sicheren Ausgestaltung der Service-Apps oder Online-Geschäftsstellen können dem „Leitfaden Elektronische Kommunikation und Digitalisierung in der Sozialversicherung“ entnommen werden.
Neben den Sicherheitsmaßnahmen müssen auch andere Aspekte, die für den Erfolg und die Weiterempfehlungsbereitschaft bei den Versicherten verantwortlich sind, beachtet werden. So müssen die Informationen in der Anwendung intuitiv und schnell auffindbar sein und visuelle Darstellung der Services auf dem Endgerät optimal gestaltet werden.
Der Prüfdienst hat in diesem Zusammenhang mehrere Krankenkassen bei der Einführung von Online-Geschäftsstellen im Sinne einer Beratungsprüfung begleitet. Zielsetzung war es u. a., das analoge Serviceangebot des papiergebundenen Bestandspflegebogens Familienversicherung um eine digitale Komponente zu erweitern (siehe Themenbereich „Automatisierte Prüfung und Verarbeitung“). Damit sollte es den Krankenkassen ermöglicht werden, Daten medienbruchfrei und automatisiert in das jeweilige Kassensystem zu importieren. Diese im Dialogverfahren erhobenen Daten weisen eine hohe Qualität auf und lassen sich somit leichter im Rahmen einer automatisierten Sachbearbeitung verarbeiten.
Im Ergebnis ist es positiv zu verzeichnen, dass durch die Anfragen im Digitalausschuss die Aufsicht und im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung die Prüfdienste frühzeitig bei der Gestaltung der digitalen Service-Prozesse eingebunden werden.
(Stand: 28.07.2022)