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05. November 2021

Coronavirus-CoV-2 - Funktions- und Handlungsfähigkeit der Sozialversicherungsträger

An
An die bundesunmittelbaren Sozialversicherungsträger
nachrichtlich
BMG
BMAS
GKV-Spitzenverband
BKK Dachverband e.V.
vdek e.V.
Gemeinsame Vertretung der Innungskrankenkassen e.V.
DGUV

Sehr geehrte Damen und Herren,


mit Rundschreiben vom 1. Dezember 2020 haben wir Sie über die erneut befristete Einfügung von § 64 Absatz 3a SGB IV bis zum 31. Dezember 2021 im Rahmen des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vom 23. November 2020 (BGBl. I S. 2474) informiert.


§ 64 Absatz 3a SGB IV ermöglicht es, während der Corona-Pandemie zur Sicherung der Funktions- und Handlungsfähigkeit der Sozialversicherungsträger den Selbstverwaltungsorganen und den besonderen Ausschüssen nach § 36a SGB IV abweichend von § 64 Absatz 3 SGB IV aus wichtigen Gründen ohne Sitzung schriftlich abzustimmen. Einer Satzungsregelung bedarf es nicht. Beratungen vor Beschlussfassungen, jedoch nicht die Beschlussfassungen selbst, können per Telefon bzw. Telefonkonferenz oder auch per Online- oder Videokonferenz erfolgen.

Infolge des geäußerten Bedarfs seitens der Sozialversicherungsträger an einer dauerhaften und rechtssicheren Möglichkeit der Durchführung von Sitzungen mittels Video- und Hybridkonferenz trat das Bundesamt für Soziale Sicherung an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales heran und regte die Implementierung einer entsprechenden gesetzlichen Regelung an. Ein nahtloser Übergang zwischen der befristeten und einer möglichen neuen Regelung wird voraussichtlich zeitlich jedoch nicht umsetzbar sein, so dass die Möglichkeit erwogen werden sollte, eine schriftliche Beschlussfassung aus wichtigen Gründen (z.B. Pandemien) im Rahmen des geltenden Rechts in den Satzungen zu verankern.

Vor dem Hintergrund des Vorrangs des in § 64 Absatz 1 Satz 1 SGB IV verankerten Präsenzprinzips weisen die Satzungen vieler Sozialversicherungsträger auf der Grundlage des § 64 Absatz 3 Satz 2 SGB IV eine eingeschränkte Befugnis der schriftlichen Beschlussfassung auf. Soweit Sie beabsichtigen, im Hinblick auf die Vertreterversammlung bzw. den Verwaltungsrat eine ergänzende Regelung in die Satzungen aufzunehmen, empfehlen wir Ihnen folgende Formulierung:

„Darüber hinaus kann die Vertreterversammlung/der Verwaltungsrat aus wichtigen Gründen ohne Sitzung schriftlich abstimmen, es sei denn, mindestens ein Fünftel der Mitglieder der Vertreterversammlung/des Verwaltungsrates widerspricht der schriftlichen Abstimmung. Als wichtiger Grund gilt z.B. das Vorliegen einer Pandemie.“

Auch für die besonderen Ausschüsse nach § 36a SGB IV, insbesondere für die Widerspruchs- und Rentenausschüsse sollte nach Wegfall des § 64 Absatz 3a SGB IV zur Sicherung der Handlungsfähigkeit weiterhin die Möglichkeit bestehen, aus wichtigen Gründen ohne Sitzung schriftlich abzustimmen. Nach Rechtsauffassung des Bundesamtes für Soziale Sicherung stellt § 64 Absatz 3 SGB IV jedoch keine geeignete Rechtsgrundlage für die besonderen Ausschüsse nach § 36a SGB IV dar. So werden anders als in § 64 Absatz 3 SGB IV die besonderen Ausschüsse nach § 36a SGB IV in § 64 Absatz 3a SGB IV ausdrücklich genannt. Dies dürfte bedeuten, dass der Gesetzgeber die dem Grunde nach bestehende Regelungslücke durch die Einfügung des Absatzes 3a in § 64 SGB IV gesehen hat und insoweit schließen wollte. Daher dürfte nach einer vertretbaren Auslegung § 64 Absatz 3 SGB IV analog auf die besonderen Ausschüsse nach § 36a SGB IV zumindest bis zu einer gesetzlichen Klarstellung Anwendung finden. Aufgrund der lediglich analogen Anwendung können etwaige Satzungsänderungen nur durch das Bundesamt für Soziale Sicherung genehmigt werden, wenn diese für eine vorübergehenden Zeitraum Wirksamkeit entfalten sollen. Vor diesem Hintergrund empfehlen wir Ihnen hinsichtlich des Widerspruchsausschusses folgende Formulierung für eine Satzungsregelung:

„Der Widerspruchsausschuss kann aus wichtigen Gründen ohne Sitzung schriftlich abstimmen, es sei denn, mindestens ein Mitglied des Widerspruchsausschusses widerspricht der schriftlichen Abstimmung. Als wichtiger Grund gilt z.B. das Vorliegen einer Pandemie. Diese Regelung tritt am 1. Januar 2023 außer Kraft.“

Telefon-, Video- oder Hybridkonferenzen, die als Beratung der schriftlichen Abstimmung unmittelbar vorgeschaltet sind, sind zulässig.

Wir bitten, die entsprechenden Änderungen in einem separaten Satzungsnachtrag zur Genehmigung einzureichen und das Inkrafttreten auf den Tag nach der Bekanntmachung gemäß § 34 Absatz 2 Satz 2 SGB IV festzulegen.
Für Rückfragen stehen wir jederzeit gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
gez. (van Doorn)