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01. Juli 2019

Vorstandsvergütung in der GKV - Trendlinien

An
An die Vorsitzenden der Verwaltungsräte der bundesunmittelbaren Ersatzkassen Innungskrankenkassen Betriebskrankenkassen
nachrichtlich
GKV-Spitzenverband
Vdek e.V.
BKK Dachverband e.V.
Gemeinsame Vertretung der Innungskrankenkassen e.V.

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Aufsichtsbehörden des Bundes und der Länder haben Ihre ermessensleitenden Richtlinien für eine angemessene Ausgestaltung der Vorstandsdienstverträge im Rahmen der aufsichtsbehördlichen Zustimmung zu Vorstandsdienstverträgen im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung gem. § 35a Absatz 6a SGB IV in einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift niedergelegt. Mit Rundschreiben vom 12. Juni 2019 haben wir Ihnen die aufgrund des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) aktualisierte allgemeine Verwaltungsvorschrift mit den ebenfalls aktualisierten Anlagen 2 und 3 sowie die neue Anlage 4 übersandt.

In den vergangenen Wochen und Monaten gab es Ihrerseits vermehrt Fragen, wie die Gesamtvergütungstrendlinien erstellt und der sog. Trendlinienwert sowie die maximal zulässige Gesamtvergütungshöhe berechnet werden.

Ihre Fragen bezüglich der Gesamtvergütungstrendlinien und deren Berechnungsgrundlage greifen wir gerne auf und möchten Ihnen Folgendes mitteilen:

1. Gesamtvergütungstrendlinien
Mit den Rundschreiben vom 1. und 27. Februar 2019 hat das Bundesversicherungsamt bezüglich der Erstellung der Gesamtvergütungstrendlinien auf die Bedeutung und die gestiegenen Anforderungen an die Veröffentlichung im Bundesanzeiger deutlich und dezidiert hingewiesen. Gleichwohl fehlten dem Bundesversicherungsamt bis vor kurzem noch vereinzelt die betragsmäßigen Veröffentlichungen sämtlicher Vergütungsbestandteile der Krankenkassenvorstände im Bundesanzeiger. Erst nachdem alle Krankenkassen ihrer gesetzlichen Veröffentlichungspflicht nachgekommen waren und sämtliche Vergütungsaufwendungen vollständig und korrekt veröffentlicht haben, konnte das Bundesversicherungsamt nunmehr die neuen Gesamtvergütungstrendlinien erstellen. Diese werden nun mit der Anlage 1 veröffentlicht.

Die Berechnungsgrundlage für die Gesamtvergütungstrendlinien ist die vollständige betragsmäßige Veröffentlichung der jährlichen Vergütungen einschließlich aller Nebenleistungen sowie sämtlicher Versorgungsregelungen, d.h. der Gesamtaufwendungen, für die Vergütung der Vorstandsvorsitzenden und der Alleinvorstände aller bundes- und landesunmittelbaren Krankenkassen, die bisher zum und nach dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) nunmehr am 1. März gem. § 35a Absatz 6 Satz 2 SGB IV im Bundesanzeiger zu veröffentlichen sind. Auf dieser Basis werden die sog. versichertengewichteten Gesamtvergütungstrendlinien im Sinne des § 35a Absatz 6a Satz 2 SGB IV n.F. aufgestellt. Damit wird die Marktüblichkeit der Vergütung der Vorstände der gesetzlichen Krankenkassen und folglich der wirtschaftlich erforderlichen Vergütung der Krankenkassen für die Vorstände dargestellt.
Ausgenommen von der Veröffentlichungspflicht sind die Träger, bei denen gem. § 147 Absatz 2a SGB V der Arbeitgeber auf seine Kosten die für die Führung der Geschäfte erforderlichen Personen bestellt. Infolgedessen werden diese Krankenkassen auch nicht bei der Erstellung der Trendlinien berücksichtigt.

Die Veröffentlichungsdaten aus dem Bundeanzeiger werden in einer Excel-Tabelle erfasst. Hieraus werden für die anhand der Versichertenzahlen eingeteilten Größenklassen Schaubilder in Excel generiert. In Umsetzung des Urteils des Bundessozialgerichts vom 20. März 2018 (Az.: B 1 A 1/17 R), wonach auf die Gesamtvergütung der Vorstände abzustellen ist, haben die Aufsichtsbehörden des Bundes und der Länder die Krankenkassen in fünf auf Basis der Gesamtvergütung beruhende Größenklassen eingeteilt und die entsprechenden neuen Gesamtvergütungstrendlinien erstellt. Dem ist eine offene und breite Diskussion über Alternativen vorangegangen.

Ausgangspunkt für die Neueinteilung der Größenklassen ist die Prämisse, dass die Trendlinien in jeder Größenklasse ansteigen müssen und es keine Verwerfungen zwischen den einzelnen Größenklassen geben darf. Nur so kann dem gesetzlichen Kriterium des § 35a Absatz 6a Satz 2 SGB IV, dass die Vergütung der Mitglieder des Vorstandes in angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Körperschaft zu stehen hat, die sich nach der Anzahl der
Versicherten bemisst, Rechnung getragen werden. Zudem ist es erforderlich, die erste Größenklasse (bis 35 Tsd. Versicherte), bestehend aus derzeit 28 Krankenkassen mit den wenigsten Versicherten, auf die Anzahl der Krankenkassen bezogen deutlich größer zu bemessen, als die darauf folgenden. Bei den Krankenkassen mit geringeren Versichertenzahlen ist die Wahrscheinlichkeit für Vereinigungen besonders hoch, so dass die Anzahl der Krankenkassen
in den nächsten Jahren voraussichtlich sinken wird. Dies begründet, die Datenbasis in dieser Klasse breiter zu fassen, um die Trendlinie auch für die kommenden Jahre valide zu gestalten. In den 5 Clustern befinden sich derzeit insgesamt 36 landesunmittelbare und 53 bundesunmittelbare Krankenkassen.

2. Trendlinienwert
Innerhalb der Größenklassen wird die Relation zwischen dem gesetzlichen Parameter Versichertenzahl der Krankenkasse (x-Koordinate) und der Gesamtvergütung (y-Koordinate) mit einem Punkt dargestellt. Ein Punkt steht somit für die tatsächlich veröffentlichte Gesamtvergütung des 1. Vorstandes einer Krankenkasse. Um einen Durchschnittswert Gesamtvergütung in Relation zur Versichertenzahl zu bilden, werden mit Hilfe des Excel-Befehls „Trendlinie erstellen“ die einzelnen Punkte in einer Größenklasse mit einer linear verlaufenden Trendlinie verbunden. Damit wird die um Ausschläge nach oben und unten bereinigte und somit durchschnittliche Vergütung, bezogen auf die Versichertenzahl, dargestellt. Auf dieser Basis wird sodann der sog. Trendlinienwert im jeweiligen Cluster ermittelt. Dieser kann somit aus der veröffentlichten Tabelle anhand der Trendlinie abgelesen werden. Dieser Trendlinienwert wird in einem weiteren Berechnungsschritt stets für jede einzelne Krankenkasse individuell auf den nächsten 500 Euro-Betrag aufgerundet.

3. Maximal zulässige Gesamtvergütung, sog. Orientierungswert
Bei der Prüfung der Angemessenheit einer Vorstandsvergütung wird im nächsten Schritt auf diesen Wert noch der sog. Ermessensaufschlag der Selbstverwaltung addiert. Seit November 2018 gibt es nach der allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Selbstverwaltung noch eine angemessene  Einschätzungsprärogative in Höhe von grundsätzlich 10% bzw., wenn der Vorstand kleiner als gesetzlich möglich ist, von 15% auf den Trendlinienwert. Diese Einschätzungsprärogativen ergeben sich aus der Betrachtung der durchschnittlichen statistischen Abweichung nach oben von der Trendlinie. Auch der um den Ermessensaufschlag erhöhte Betrag wird sodann wiederum auf den nächsten 500 Euro-Betrag aufgerundet.

Wird dieser Gesamtbetrag im Einzelfall nicht überschritten, gehen die Aufsichtsbehörden von der Angemessenheit der Gesamtvergütung aus. Wird dieser Gesamtbetrag überschritten, gehen die Aufsichtsbehörden grundsätzlich von der Nichtangemessenheit der Gesamtvergütung aus. Im Ausnahmefall können jedoch ganz besondere Umstände vorliegen und von der Krankenkasse vorgetragen werden, die ein Überschreiten des Orientierungswertes begründen.
In diesem Fall ist die Gesamtvergütung trotz Überschreitung des Orientierungwertes ausnahmsweise doch zustimmungsfähig.

Wir möchten darauf aufmerksam machen, dass die Aufsichtsbehörden nach der allgemeinen Verwaltungsvorschrift nicht prüfen, ob einzelne Vergütungsbestandteile wirtschaftlich sind. Es wird nur die Wirtschaftlichkeit der Gesamtvergütung beurteilt. Die Verteilung der einzelnen Vergütungsbestandteile (Grundvergütung, variable Vergütung, betriebliche Altersversorgung, Dienstwagen etc.) im Rahmen der maximal zulässigen Gesamtvergütungssumme obliegt
der Selbstverwaltung.

4. Verwaltungsvorschrift
Die nach dem TSVG überarbeitete allgemeine Verwaltungsvorschrift hat das Bundesversicherungsamt mit Rundschreiben vom 12. Juni 2019 bekannt gegeben. Die aktualisierten Gesamtvergütungstrendlinien werden als Anlage 1 Teil der allgemeinen Verwaltungsvorschrift. Das Bundesversicherungsamt hat sich hinsichtlich des Aufsichtshandelns bei den Vorstandsdienstverträgen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und den Aufsichtsbehörden der Länder abgestimmt und mit der allgemeinen Verwaltungsvorschrift selbst an ein geregeltes Ermessenshandeln gebunden.

Bei Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
gez. (Popoff)

Anlage