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16. Dezember 2022

Geldanlagen in der Sozialversicherung: Achtes Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Ge­setze (8. 5GB IV-ÄndG)

nachrichtlich:
Minister und Senatoren für Arbeit, Gesundheit und Soziales der Länder
Bundesministerium für Arbeit und Soziales - Referat IVa 2 -
Wilhelmstraße 49
10117 Berlin
Bundesministerium für Gesundheit
- Referat 225 -
53107 Bonn
Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft
- Referat 124 -
Rochusstraße 1
53123 Bonn
GKV-Spitzenverband
Reinhardtstraße 28
10117 Berlin
Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V.
Glinkastraße 40
10117 Berlin
Deutsche Rentenversicherung Bund
- Stabsstelle Strategische Strukturentwicklung - 10704 Berlin

Sehr geehrte Damen und Herren,
durch das 8. SGB IV-ÄndG werden vorbehaltlich der rechtzeitigen Verkündung im Bundes­gesetzblatt mit Inkrafttreten zum 1. Januar 2023 die Vorschriften für die Geldanlage von So­zialversicherungsträgern geändert. Das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) bittet die seiner Aufsicht unterliegenden Sozialversicherungsträger, sich mit den Neuregelungen ver­traut zu machen und diese zu beachten. Die nachfolgenden Ausführungen geben einen nicht abschließenden, ersten Überblick über die Neuerungen.

Neben den Änderungen durch das 8. SGB IV- ÄndG (vgl. Kapitel 1) treten Änderungen des Statuts des freiwilligen Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken e.V. (BdB) in Kraft (vgl. Kapitel 2).·Dieses Rundschreiben enthält diesbezüglich - nach der Darstellung der Neuregelungen durch das 8. SGB IV-ÄndG - erste Hinweise.

In Kürze sollen häufige Fragen zu dem Bereich Finanzen und Vermögen auf der Homepage des BAS (https://www.bundesamtsozialesicherung.de)  veröffentlicht und laufend erweitert werden.

Kapitel 1: 8. 5GB IV-ÄndG
In § 80 Abs. 1 Satz 1 SGB IV1 wird ausdrücklich geregelt, dass die Mittel der Sozialversiche­rungsträger die Betriebsmittel, die Rücklage und das Verwaltungsvermögen umfassen. Der neu ergänzte § 80 Abs. 3 fordert zur Einhaltung der Anlagegrundsätze ein qualifiziertes An­lage- und Risikomanagement, die Mischung und Streuung der Anlagen sowie die Erstellung von Anlagerichtlinien. Das BAS rät dazu, sich diesbezüglich an den veröffentlichten Empfeh­lungen (u.a. Rundschreiben vom 5. Dezember 2022 „Finanzanlagemanagement bundesna­her Einrichtungen") zu orientieren.

Einige Regelungen, die bisher in den besonderen Vorschriften für die einzelnen Versiche­rungszweige enthalten waren, jedoch alle Versicherungszweige betreffen, befinden sich nunmehr im SGB IV. So wird das Verwaltungsvermögen neu in § 82a definiert. Wie bisher gelten Regelungen in den besonderen Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige vorrangig.

§ 83 gilt ausdrücklich für alle Mittel, das Wort "Rücklage" wird durch das Wort "Mittel" ersetzt.
Hieraus ergeben sich folgende Änderungen:
Der Anlagekatalog in§ 83 (ehemals Abs. 1) wird neu strukturiert und in drei Absätze (Abs. 1, Abs. 1 a, Abs. 1 b) aufgeteilt. Abs. 1 gilt für alle Mittel. Für das Verwaltungsvermögen ( ohne die Mittel zur Finanzierung des Deckungskapitals für Altersrückstellungen) ist daneben § 83 Abs. 1 a zu beachten, für die Mittel zur Finanzierung des Deckungskapitals für Altersrückstel­lurigen ergänzend § 83 Abs. 1 b.

Mit einer Ergänzung in § 83 Abs. 1 ist es ausdrücklich nicht mehr zulässig, einen Nachrang im Insolvenzverfahren vertraglich zu vereinbaren. Ein solcher Nachrang ist mit dem erforder­lichen Anschein des Verlustausschlusses (§ 80 Abs. 1 Satz 2) generell nicht vereinbar.

Für Geldanlagen bei Kreditinstituten sind die Regelungen in § 83 Abs. 1 Nr. 2b, c und Nr. 4c zu beachten.

Gemäß § 83 Abs. 1 Nr. 2b ist für Schuldverschreibungen und für sonstige Gläubigerrechte verbriefende Wertpapiere eine Absicherung durch eine ausreichende Sicherung einer freiwil­ligen Sicherungseinrichtung der Kreditwirtschaft weiterhin gesetzlich vorgeschrieben. Es tre­ten jedoch ab dem 1. Januar 2023 Änderungen beim freiwilligen Einlagensicherungsfonds des BdB in Kraft, die für die Sozialversicherungsträger eine teils deutliche Reduzierung des Schutzumfanges bedeuten (siehe Kapitel 2).

Daher ermöglicht § 83 Abs. 1 Nr. 2c den Sozialversicherungsträgern auch eine Anlage bei einem Kreditinstitut, welche nicht oder nicht ausreichend geschützt ist, soweit das Kreditinsti­tut die geltenden Vorschriften über das Eigenkapital und die Liquidität einhält. Der Sozialver­sicherungsträger hat die Einhaltung der Vorschriften über das Eigenkapital und die Liquidität regelmäßig, mindestens jährlich, zu überprüfen. Die Verfahrensweise der Überprüfung ist da­bei grundsätzlich frei bestimmbar. Sofern der Schutzumfang der Sicherungseinrichtung der Kreditwirtschaft nur der Höhe nach begrenzt ist, muss der Schutz zumindest bis zu der jewei­ligen Sicherungsgrenze gewährleistet sein. Laut Rückmeldung des BdB ist dies mit der For­mulierung in Abs. 1 Nr. 2c sichergestellt. Gleiches gilt für Forderungen aus Darlehen und Einlagen gemäß Abs. 1 Nr. 4c.

Die Voraussetzungen für eine Anlage in Investmentfonds sind in § 83 Abs. 1 Nr. 5 geregelt. Ebenfalls bedingt durch die Änderungen beim freiwilligen Einlagensicherungsfonds des BdB ist bei Anteilen an Sondervermögen nach Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) ist hier die Vo­raussetzung entfallen, dass eine Sicherungseinrichtung der Kreditwirtschaft gefordert wird. Es muss sich um Anteile an Sondervermögen nach dem Kapitalanlagegesetzbuch handeln, d. h. um Sondervermögen in Vertragsform. Für das Sondervermögen dürfen ausschließlich die in § 83 Abs. 1 Nr. 5 genannten Vermögensgegenstände erworben werden. Ausdrücklich geregelt ist nunmehr die Möglichkeit der Kapitalverwaltungsgesellschaft, kurzfristige Kredite bis zur Höhe von 10 Prozent des Wertes des Sond·ervermögens aufzunehmen. Hierdurch wird der inzwischen gängigen Praxis des Kapitalmarktes Rechnung getragen. Das BAS be­absichtigt, die Muster für Besondere Anlagebedingungen für ein Spezial-Sondervermögen für Sozialversicherungsträger, die auf seiner Internetseite zur Verfügung stehen, zu aktuali­sieren.

Die Anlage in Anteilen an lmmobilien-Sondervermögen nach dem KAGB wird gemäß § 83 Abs. 1 a neu auf die Mittel zur Finanzierung des Deckungskapitals für Altersrückstellungen begrenzt, da diese Assetklasse nur begrenzt fungibel und somit nicht für die Anlage von Be­triebsmitteln und der Rücklage geeignet ist. Ferner ist die Möglichkeit der Direktanlage in Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte (bisher § 83 Abs. 1 Nr. 8 SGB IV), welche nicht für die gesetzliche Aufgabenerfullung der Sozialversicherungsträger erforderlich sind, weg­gefallen. Hintergrund hierfür ist, dass für den Erwerb und die Veräußerung als Direktanlage fundierte Kenntnisse Voraussetzung sind. Darüber hinaus können Anteile an Immobilien-­Sondervermögen nach dem KAGB zumeist schneller liquidiert werden.

§ 83 Abs. 1 b Nr. 2 regelt die Voraussetzungen für eine Aktienanlage für die Mittel zur Finan­zierung des Deckungskapitals für Altersrückstellungen, die bisher in deh besonderen Vor­schriften für die einzelnen Versicherungszweige geregelt ist. Die maximal zulässige Höhe des Anteils an Aktien wird in Anlehnung an eine Änderung des Versorgungsrücklagegeset­zes auf 30 Prozent des Deckungskapitals erhöht.

§ 83 Abs. 2 wird hinsichtlich derivativer Finanzinstrumente ergänzt, um die aktuellen Gege­benheiten auf den Kapitalmärkten, die derartige Vehikel standardmäßig einsetzen, abzubil­den. Keinesfalls sollen derivative Finanzinstrumente zu spekulativen Zwecken verwendet werden.

Sollten bislang Anlagen für soziale Zwecke mit Vorrang berücksichtigt werden, sieht § 83 Abs. 3 nunmehr vor; dass die Versicherungsträger auf die Möglichkeit zur Anlage nach ökologischen, sozialen und Governance-Kriterien achten. Hierdurch sollen die Sozialversi­cherungsträger ausdrücklich ermuntert werden, nachhaltige· Geldanlage zu betreiben. In Er­mangelung einer allgemein gültigen Definition des Nachhaltigkeitsbegriffs lässt das Gesetz dabei Gestaltungsspielraum für die Selbstverwaltung bei der Umsetzung zu. Das BAS emp­fiehlt in diesem Zusammenhang, das Merkblatt der BaFin zum Umgang mit Nachhaltigkeitsri­siken zu beachten.

Der zulässige Anlageraum (§ 83 Abs: 4) wird für bestimmte Anlagen (§ 83 Abs. 1 Nr.1, Nr. 2a, Nr. 4a und b) über die EU-Mitgliedstaaten, die EWR-Staaten und die Schweiz hinaus auf Aussteller mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Organisation für wirtschaftliche Zusammenar­beit und Entwicklung (OECD) erweitert. Damit sollen den Sozialversicherungsträgern mehr Möglichkeiten zur Risikostreuung und Generierung eines Ertrages geschaffen werden. Das BAS empfiehlt, sich bei einer Anlage außerhalb des deutschen Rechtsraums stets intensiv mit den rechtlichen Rahmenbedingungen in dem dortigen Staat vertraut zu machen. Auch an dieser Stelle wird auf ein Rundschreiben der BaFin zu den sogenannten Hochrisikostaaten verwiesen, vgl. Rundschreiben 09/2022 (GW) vom 12. Dezember 2022. In den im Rund­schreiben genannten Staaten sollte keine Geldanlage erfolgen.

Die Voraussetzungen für eine Ausnahmegenehmigung nach § 86 SGB IV werden geändert. Die Regelung bezieht sich auf Mittel. Wichtige Gründe müssen eine im Interesse des Sozial­versicherungsträgers liegende andere Anlage rechtfertigen. Die Anlageform und der inner­halb einer bestimmten Frist höchstens anzulegende Gesamtbetrag müssen bestimmt sein. Die für.die Genehmigung erforderlichen Angaben. muss der Sozialversicherungsträger dem BAS substantiiert darlegen.

§ 123 SGB IV enthält in den Absätzen 2 und 3 Übergangsregelungen.


Kapitel 2: Änderungen beim freiwilligen Einlagensicherungsfonds des BdB

Zum 1. Januar 2023 treten Änderungen beim freiwilligen Einlagensicherungsfonds des BdB in Kraft, die für die Sozialversicherungsträger von erheblicher Bedeutung sind.

Noch aus der vorherigen Reform aus dem Jahr 2017 werden die Sicherungsgrenzen ab dem 1. Januar 2025 von 15 Prozent auf 8, 75 Prozent der für die Einlagensicherung maßgeblichen Eigenmittel der Bank abgesenkt. Mit der erneuten Änderung des Status zum 1. Januar 2023 werden nun zusätzlich Caps eingeführt. So gelten für die Sozialversicherungsträger maxi­male Sicherungsgrenzen in Höhe von 50 Millionen Euro pro Institut. Diese reduzieren sich ab dem 1. Januar 2025 von 15 Prozent auf 8, 75 Prozent der für die Einlagensicherung maßgeblichen Eigenmittel der Bank abgesenkt. Mit der erneuten Änderung des Status zum 1. Januar 2023 werden nun zusätzlich Caps eingeführt. So gelten für die Sozialversicherungsträger maxi­male Sicherungsgrenzen in Höhe von 50 Millionen Euro pro Institut. Diese reduzieren sich ab dem 1. Januar 2025 weiter auf 30 Millionen Euro bis sie schließlich ab dem 1. Januar 2030 bei 1 0 Millionen Euro liegen. Einlagen, die die Sicherungsgrenze überschreiten, werden fortan nur noch bis zur jeweiligen Höhe gesichert.

Während bisher nur Einlagen mit einer Laufzeit von maximal 18 Monaten gesichert werden, reduziert sich die maximale Laufzeit mit der neuen Reform ab dem 1. Januar 2023 auf 12 Monate.

Voraussetzung für den Schutz durch den Einlagensicherungsfonds des BdB ist zudem, dass die Einlage bei einer inländischen Haupt- oder Zweigniederlassung bzw. Zweigstelle ange­nommen wird.

Das Statut des Einlagensicherungsfonds des BdB enthält eine Bestandschutzregelung für Verbindlichkeiten, die bis zum 31. Dezember 2022 abgeschlossen werden. Der Bestandsschutz entfällt, sobald die betreffende Verbindlichkeit fällig wird, gekündigt oder anderweitig zurückgefordert werden kann, oder wenn die Verbindlichkeit im Wege einer Einzel- oder Ge­samtrechtsnachfolge übergeht oder auf eine ausländische Zweigniederlassung oder Zweig­stelle übertragen wird. Nach Auskunft des BdB werden die Einlagen, die über den Bestands­schutz gesichert werden, auf die maximal mögliche Sicherungsgrenze im neuen Jahr ange­rechnet.

Näheres und weitere Änderungen können dem Statut des Einlagensicherungsfonds des BdB in der jeweils aktuellen Fassung entnommen werden (https://einlagensicherungs­fonds.de/publikationen/). Das BAS empfiehlt den bundesunmittelbaren Sozialversicherungs­trägern, sich den Schutz der jeweiligen Anlage durch den Einlagensicherungsfonds des BdB durch das Kreditinstitut bestätigen zu lassen.

Für Fragen stehen wir zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag

Rainer Müller

1 Alle nicht näher bezeichneten§§ sind solche des SGB IV in der durch das 8. SGB IV-Änderungsge­setz geänderten Fassung.